Prägende Familien im RadsportDer Vater “Kannibale”, der Sohn Talentförderer

TOUR Online

 · 25.11.2023

Eddy Merckx feiert 1969 seinen ersten Gesamtsieg bei der Tour de France.
Foto: DPA Picture Alliance
In einer Serie stellt TOUR zehn Familiengeschichten aus dem Radsport vor. Eddy Merckx gewann alles, was man gewinnen kann und gilt für viele als größter Radsportler der Geschichte. Fußstapfen, die sein Sohn Axel Merckx zwangsläufig nicht füllen konnte. Er fand seine Erfüllung im Radsport erst nach der Karriere.

Den größten Sieg seines Sohnes kommentierte Eddy Merckx live für das belgische Fernsehen. Als TV-Experte begleite er damals die großen Radrennen, so auch den Giro d’Italia im Jahr 2000. Dort holte Axel Merckx als Solist den Tagessieg auf der 8. Etappe – und mit Zielankunft gab es von Eddy Merckx eine persönliche Note für die Zuschauer: “Axel hat mehr Klasse, als er glaubt. Er ist nicht so gewaltig wie ich, aber er ist dabei, sich einen Vornamen zu schmieden.” Denn der Nachname Merckx, das wusste auch Vater Eddy, ist im Radsport automatisch mit seinen Erfolgen verbunden.

Warum war Eddy Merckx so gut?

1971 gewinnt Eddy Merckx in der Schweiz seinen zweiten WM-Titel.Foto: DPA Picture Alliance1971 gewinnt Eddy Merckx in der Schweiz seinen zweiten WM-Titel.

Eddy Merckx ist auch heute noch der Maßstab für die Großen im Radsport. Etliche Bestenlisten führt der inzwischen 78-jährige Belgier immer noch an: Mit je fünf Gesamterfolgen gehört er zu den Rekordsiegern bei der Tour de France und beim Giro d’Italia, bei beiden Rundfahrten trug zudem kein Fahrer häufiger das Führungstrikot. Außerdem stehen drei Weltmeistertitel sowie 19 Siege bei den Radsport-Monumenten in seiner Vita – alleine bei Mailand-San Remo triumphierte Merckx siebenmal.

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Eddy Merckx - der “Kannibale”

Insgesamt gewann Merckx zwischen 1965 und 1978 über 500 Rennen. Unerreicht im Radsport. Für seine erbarmungslose Fahrweise und seinen unersättlichen Siegeshunger bekam er den Spitznamen “Kannibale” verliehen. In Belgien verehrt man ihn bis heute: 1996 erhob der König ihn in den Adelsstand, in Brüssel trägt eine Metro-Station seinen Namen und 2005 wählten ihn die Landsleute bei einer großen Medienumfrage (De Grootste Belg) auf Platz drei der größten Belgier der Geschichte.

Eddy Merckx (l.) wird beim 2019 beim Grand Depart der Tour de France in Brüssel gefeiert.Foto: DPA Picture AllianceEddy Merckx (l.) wird beim 2019 beim Grand Depart der Tour de France in Brüssel gefeiert.

Sein Vermächtnis erdrückt den belgischen Radsport bis heute: Wer auch immer als junger belgischer Profi Talent zeigt, muss sich die Frage gefallen lassen, wie viel Merckx in ihm steckt. Remco Evenepoel geht es seit einigen Jahren nicht anders. Es sind riesige Fußstapfen, in denen man sich zwangsläufig unwohl fühlen muss – erst recht, wenn man ebenfalls ein Merckx ist, so wie Eddy Merckxs Sohn Axel. Dieser musste bereits zu Juniorenzeiten feststellen, dass die Konkurrenz stets nur gegen ihn fuhr, um einen “Merckx” zu schlagen. Den Zusatz, “er ist der Sohn von …”, wurde Axel Merckx in seiner gesamten Laufbahn nicht los.

Axel Merckx heute Teamchef bei Hagens Berman Axeon

Dabei legte Axel Merckx im Grunde eine solide Karriere hin. 1994 erhielt er den ersten Vertrag beim Team Telekom, gehörte anschließend bis 2007 zum Profi-Peloton. Neben dem Etappensieg beim Giro holte er 2000 die belgische Straßenmeisterschaft, erreichte 1998 Platz zehn bei der Tour de France und gewann 2004 Bronze bei den Olympischen Spielen von Athen. Doch die Erwartungen an seinen Namen waren im Prinzip unerfüllbar.

Eddy Merckcx (l.) inspiziert bei der Tour de France 2001 das Rad seines Sohnes Axel Merckx.Foto: DPA Picture AllianceEddy Merckcx (l.) inspiziert bei der Tour de France 2001 das Rad seines Sohnes Axel Merckx.

Seinen eigenen Erfolgsweg fand Axel Merckx, der mittlerweile in Kanada lebt, erst nach der aktiven Zeit. Seit 2009 leitet der heute 51-Jährige eines der renommiertesten Nachwuchsteams im Radsport, das inzwischen unter dem Namen Hagens Berman Axeon firmiert. In seinem Team entwickelte Merckx unter anderem heutige Topfahrer wie Jasper Philipsen, Jasper Stuyven, Tao Geoghegan Hart oder Neilson Powless. Insgesamt 45 Fahrern gelang nach Teamangaben über die Jahre der Sprung in die World Tour.



Die Familie ist indes auch abseits des Radsports sportlich erfolgreich. Eddy Merckx Tochter Sabrina heiratete den argentinischen Tennisspieler Eduardo Masso, einst die Nummer 56 der Welt. Deren Sohn Luca Masso gewann 2016 die Olympische Goldmedaille mit der argentinischen Hockeymannschaft.

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